Wusstet ihr, dass es nicht mehr viele Denkmäler gibt, die an die Zwangsarbeit während der NS-Zeit im Ruhrgebiet erinnern? Die Bergener Straße in Bochum ist eine der letzten, gut erhaltenen Zwangsarbeiterlager, die an die grauenhaften Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges erinnern. Im folgenden Artikel erfahrt ihr alle wichtigen Informationen dazu.
Bei der Bergener Straße handelt es sich um ein ehemaliges Zwangsarbeiterlager, welches 1941/42 in Bochum errichtet wurde, mit der Besonderheit, dass es eines der wenigen Lager ist, welches den Krieg überstanden hat.
1944/1945 mussten insgesamt 32.000 Menschen Zwangsarbeit in Bochum leisten (40% von Ihnen im Bergbau). Für die gesamte NS-Zeit wird eine Zahl von insgesamt 20.000 Zwangsarbeiterlager angenommen.
Außerdem wurden durch den International tracing Service, welcher ein auf Initiative der alliierten Behörden eingerichteter Suchdienst ist (ein Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung über die nationalsozialistische Verfolgung, NS-Zwangsarbeit sowie den Holocaust), 66 Zwangsarbeiterlager in Bochum und Wattenscheid in der „catalogue of camps and prisons in Germany and German- occupied territories“ festgehalten. In einem Bericht vom 14.Juli 1943 an den Kreisleiter der NSDAP in Bochum wurden sogar 100 Lager festgehalten.
In diesen hungerten sie und erledigten währenddessen in völliger Schlaflosigkeit schwere Arbeit. Zwangsarbeiter*Innen in mehreren Gruppen unterteilen:
Zu diesen zählten Kriegsgefangene, ausländische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter*Innen, Häftlinge aus Konzentrationslagern, jüdische Bürger und ebenfalls Polizeihäftlinge. Hierbei hingen die Arbeitsbedingungen häufig vom Status ab. Das Ziel dabei war die „Vernichtung durch Arbeit“.
Am schlechtesten wurden die jüdischen Zwangsarbeiter*Innen behandelt.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden immer mehr Häftlinge und Arbeiter zur Zwangsarbeit auf deutschem Boden herangezogen. In Bochum waren es ab Juni 1944 etwa 2.400. Diese wurden vom Konzentrationslager Buchenwald „verwaltet“. Dieses unterhielt zwei Außenlager: eines mit ca. 700 Häftlingen bei der Eisen- und Hüttenwerke AG und das andere mit etwas über 1700 jüdischen Häftlingen beim Bochumer Verein.
Ein Großteil der nach Deutschland verschleppten Menschen hat die schlechten Umstände der Arbeit nicht überlebt. In Westfalen starben während des Zweiten Weltkrieges insgesamt circa 123.000 Zwangsarbeiter*Innen, darunter zivile ausländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene. Wieviele Zwangsarbeiter*Innen in Bochum genau umgekommen sind, ist noch nicht nachgewiesen.
Auf dem Bochumer Hauptfriedhof Freigrafendamm sind etwa 1.800 Zwangsarbeiter*Innen beigesetzt, die meisten davon Sowjetbürger*Innen, aber auch Polen, Jugoslawen, Belgier und Franzosen.
Ein Ende 2000 erschienenes Gedenkbuch für die Opfer aus Bochum und Wattenscheid enthält die Namen von bisher 93 jüdischen KZ-Häftlingen, die in Bochum Zwangsarbeit leisten mussten und dies nicht überlebten.
(Mehr zum Gedenkbuch der Opfer der Zwangsarbeit: https://www.bochum.de/Stadtarchiv/Bochum-in-der-NS-Zeit/Gedenkbuch-der-Opfer-der-Zwangsarbeit)
Aufgrund dieser schrecklichen Art der Ausbeutung von Menschen durch beispielsweise Zwangsarbeiterlager in unserem Fall, kam es ein Jahr nach der Kapitulation Deutschlands gegenüber den alliierten zum Nürnberger Prozess am 20. November 1945.
Auf dem Prozesse mussten die Angeklagten sich in vier Punkten vor dem Internationalen Militärtribunal verantworten:
- Verschwörung gegen den Weltfrieden
- Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges
- Verbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Diese kennzeichneten jedoch nicht das Ende der juristischen Verfolgung von NS-Verbrechen in Deutschland. Die im Dezember 1945 von den Alliierten erschaffene einheitliche Rechtsgrundlage lag den Nachfolgeprozessen zugrunde. Der entscheidende Unterschied: Hier wurden, nicht wie im Hauptprozess, die Hauptkriegs-Verbrecher wie z.B. Göhring, sondern hochrangige Mediziner, Juristen, Polizeiführer etc. vor US-Militärgerichten angeklagt und verhandelt.
Von den 185 angeklagten wurden 24 zum Tode verurteilt, 20 zu lebenslanger Haft und 98 zu teilweise langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. 35 wurden freigesprochen und von den 24 Todesurteilen wurden lediglich 13 vollstreckt.
In/Nach der NS-Zeit diente die Zwangsarbeiter-Siedlung als eine Beweisaufnahme für den Nürnberger Krupp-Prozess, in welchem 1947 u.A. die Zwangsarbeit als Anklagepunkt diente. In diesem Nürnberger Krupp-Prozess musste sich der Krupp-Konzern vor dem Gericht verantworten. Der Krupp-Konzern war im Besitz vieler Lager und ist unter Anderem für die Unterbringung vieler Zwangsarbeiter verantwortlich gewesen. Unter diesen Lagern fällt auch die Bergener Straße.
Hierbei wurden spezifisch auch die Nutzung von Zwangsarbeitern als Kriterium bei der Verantwortlichkeit miteinbezogen. Eine der besonders umstritten Anklagen war die vom Konzernchef Gustav Krupp.
Darüber hinaus wurde es zeitweilig als Kindergarten genutzt und seit den 1960er dient es als Unterkunft für ausländische Gastarbeiter.
Die Bergener Straße nach den 1945er Jahren:
Auch für die um die Jahre 1961 eingewanderten „Gastarbeiter“ war die Bergener Straße eines der Bochumer Unterkünfte. Um noch einmal zu rekapitulieren: Die Bundesrepublik Deutschland warb Gastarbeiter bspw. aus der Türkei an. Man hatte mit dieser im Jahr 1961 ein Anwerbeabkommen geschlossen, um Gastarbeitern die Möglichkeit zu bieten, zeitweilig für deutsche Unternehmen zu arbeiten. Die Deutschen erhofften sich dadurch eine Ankurbelung der Wirtschaft, da viele deutsche Männer im 2. Weltkrieg umgekommen waren. Die Türken auf der anderen Seite erhofften sich ein normales Leben außerhalb der Armut.
Was man anhand der soeben genannten Aspekte rückschließen kann:
Es liegen anhand des Denkmalschutzgesetzes wissenschaftliche Gründe vor, wie das Erforschen der Geschichte der Zwangsarbeit in Bochum und Deutschland und der allgemeinen Erforschung der Migrationsgeschichte die dafürsprechen, dass das Zwangsarbeiterlager als Erinnerung und Beweisstück für Kriegsverbrechen beibehalten werden sollte, da es ebenfalls eines der letzten ihrer Art ist.
Retten wir gemeinsam die Bergener Straße
Die SPD setzt sich zudem in ihrem Parteiprogramm ebenfalls mit der Bergener Straße auseinander und will diese vor Abbau schützen und als Denkmal zur all Gültigkeit bringen:
Die SPD beauftragt die Verwaltung, dass das Zwangsarbeiterlager in einen Wohnraum umgebaut wird, oder zumindest als ein Atelier für Bildungs- und Forschungszwecke genutzt wird. Das letzte Haus, also das Haus 116i, soll jedoch als Gedenkstätte und Erinnerungsort erhalten werden. Das große Problem ist der Mangel an Mieter. Die Gründe der SPD sollen die historische Rarität und die Wichtigkeit des Ortes in Bezug auf die Vergangenheit darstellen.
Vereinzelt wurden Angriffe auf die Bergener Straße gemeldet. Darunter ein Kellerbrand. Ob diese Angriffe Nationalsozialistisch motiviert sind, ist nicht bekannt.
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